› Man braucht die Liebe zum Klang‹
Name : Felix Prattes (24)
Beruf : Klavierbauer im 4. Lehrjahr in Wien
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen ?
Meine Mutter hat in der Zeitung eine Anzeige für eine Klavierbau-Lehre in Graz gefunden. Da ich damals bereits seit acht Jahren Klavier gespielt habe, dachte sie, das könnte passen. Und es hat perfekt zu mir gepasst, zwar nicht in Graz, aber dafür hier in Wien bei Bernhard Balas.
Was sind Ihre täglichen Aufgaben ? Wie kann man sich Ihren Alltag vorstellen ?
Wir restaurieren alte Klaviere. Wir sind hier wirklich eine Werkstatt, da macht man alles. Wenn wir ein Klavier bekommen, bei dem viel gemacht gehört, dann können wir es komplett aufreißen. Da kommen dann die Saiten runter, der Gussrahmen kommt raus, das Holz wird komplett auseinandergesprengt, der Stimmstock wird rausgenommen
und ein neuer reingeleimt.
Was schätzen Sie an Ihrem Beruf ?
Das Schöne ist die Abwechslung. Ich kann grobe Arbeiten machen, wie ein Tischler, oder auch ganz feine, präzise Arbeiten, wie das Klavier zu regulieren und einzustellen. Ich habe auch das Klavierspielen auf eine neue Weise kennengelernt. Wir sitzen oft nach Feierabend zusammen und spielen gemeinsam drauf los, da geht es nicht mehr um die Noten, sondern um den Klang, das Miteinander und die Harmonie. Vor allem bekommt man hier dieses Feeling fürs Klavier. Wir regulieren es oft den ganzen Tag, stellen es so ein, dass man gut spielen kann, und so kriegt man dann gleich das beste Feedback, indem man es selbst ausprobiert.
Was muss man für Ihren Beruf für ein Typ Mensch sein ?
Man braucht die Liebe zum Klang. Wenn man es gut machen will, dann braucht man schon ein bisschen ein Gehör, damit man merkt, ob das Klavier gut klingt. Außerdem Geduld, man muss den ganzen Tag an einem Ding arbeiten können, zum Beispiel den ganzen Tag Kupfersaiten spinnen. Und man braucht auch ein bisschen handwerkliches Geschick, wenn man Holzarbeiten nachmachen muss.
Hatten Sie schon einmal ein ganz besonderes Klavier in Arbeit ?
Wir haben im Sommer einen Konzertflügel von Bösendorfer aus dem Jahr 1919 restauriert. Der Besitzer hat den Flügel um tausend Euro gekauft – er war komplett durchgespielt, sogar teilweise verschimmelt. Wir haben ihn dann um 15.000 Euro repariert. Der Flügel ist jetzt um die 55.000 Euro wert.
Wie viel verdient man als Klavierbauer ?
In so einem kleinen Betrieb wie hier hängt das stark von den Aufträgen ab. Ich bin jetzt im vierten Lehrjahr und bekomme 1.065 Euro brutto. Aber uns allen liegt viel am Betrieb, an Bernhard und an der Arbeit, da ist die Bezahlung nur nebensächlich.
Stirbt der Beruf des Klavierbauers aus ?
Nein, man kann uns nicht wirklich maschinell ersetzen. Es müsste riesige Anlagen geben, und die könnten dann nur ein Modell herstellen. Es braucht also die individuelle und flexible Handarbeit. Das Geschäft läuft gerade besser als 2019. Durch Corona haben die Menschen wieder mehr Zeit für ihre Hobbys, vor allem für die, die man zu Hause machen kann – wie Klavier spielen. •